Inhalt


VDI-Richtlinienentwurf zur Bürgerbeteiligung bei Großprojekten


Auf dem 26. Deutschen Ingenieurtag im Mai 2013 in Düsseldorf hat der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) den Richtlinienentwurf 7001 mit dem Titel »Kommunikation und Öffentlichkeitsbeteiligung bei Planung und Bau von Infrastrukturprojekten – Standards für die Leistungsphasen der Ingenieure« veröffentlicht. Die Richtlinie basiert auf Ergebnissen, die von der VDI-Gesellschaft Bauen und Gebäudetechnik im Austausch mit der Fachöffentlichkeit erarbeitet wurden. Sie dient dem Ziel, für gute Kommunikation und Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Entwicklung, Planung und Durchführung von Infrastrukturprojekten zu sensibilisieren und einen entsprechenden Handlungsrahmen zur Verfügung zu stellen.
Der VDI sieht hier Handlungsbedarf, da sich in modernen Gesellschaften ein neues Legimitationsverständnis entwickelt habe: Entscheidungen würden nicht mehr automatisch als legitim empfunden, nur weil sie formal rechtmäßig zustande gekommen seien. Vielmehr müsse mittels Öffentlichkeitsbeteiligung der Sinn und der Nutzen eines (Infrastruktur-)Vorhabens vermitteln werden. Zudem schafft das im Juni 2013 in Kraft getretene Planungsvereinheitlichungsgesetz neue Rahmenbedingungen für die Arbeit von Planern und Ingenieuren. Das Gesetz zielt auf eine Optimierung der Beteiligung durch eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung ab, schreibt aber nicht vor, wie diese frühzeitige Beteiligung aussehen soll. Die Richtlinie 7001 soll nun aufzeigen, wie diese frühe Beteiligung konkret mit Leben gefüllt werden kann.
Bereits in der VDI-Richtlinie 7000 sprach der VDI von der Notwendigkeit einer neuen Dialogkultur auf Augenhöhe. Ingenieure sollen und müssen sich nach Ansicht des VDI den neuen Realitäten stellen und sich ihrer zentralen Rolle bei der Vermittlung und Kommunikation – gerade bei Großprojekten – bewusst werden. Einmalige Entscheidungen, so der VDI, reichten nicht mehr aus. Stattdessen müssten diese immer wieder neu begründet und kommuniziert werden, um gemeinsam gesellschaftlich tragfähige und gleichermaßen breit akzeptierte Lösungen zu finden. Dazu leistet die Richtlinie einen Beitrag.
In ihrem Aufbau orientiert sich die VDI-Richtlinie 7001 an den neun Leistungsphasen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure. Der Entwurf richtet sich unter anderem an Vorhabenträger und Planungsbüros, aber auch an Behörden, Verbände und Bürgerinitiativen. In nahezu allen Phasen empfiehlt die Richtlinie die Berücksichtigung und Einbeziehung bereits bekannter und neu hinzukommender Stakeholder-Gruppen sowie ihrer Interessen. Darüber hinaus wird die Verwendung eines leicht verständlichen Kommunikationsstils nahegelegt – etwa durch den Einsatz von Bildmaterial oder die Vermeidung branchenüblicher Fachbegriffe, deren Verständnis von Laien nicht vorausgesetzt werden kann. Doch sind den Beteiligungsbestrebungen auch Grenzen gesetzt: Anforderungen des Wettbewerbsrechts sowie des Datenschutzes verhindern z. B. in der Phase der Vergabe von Bauaufträgen eine umfassende Information der Öffentlichkeit. Im Anhang der Richtlinie finden sich abschließend zwei Prüflisten, in denen jeweils alle Planungsschritte und die aufgestellten Standards auflistet werden. Auf Basis der in der Planungspraxis gesammelten Erfahrungen will der VDI die Richtlinie kontinuierlich weiterentwickeln und anpassen.

>> Informationen zu den VDI-Richtlinien 7000 und 7001 im Reader des 26. Deutschen Ingenieurtages


No comments


Bitte loggen Sie sich rechts oben ein, um Kommentare zu schreiben.

Wenn Sie noch kein Netzwerkerprofil angelegt haben, können Sie sich hier registrieren.